Donnerstag, 13.2.2003
(http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.php?artikel=artikel2010.php)
Bis 2006 muss das Sozialreferat 44 Millionen Euro einsparenTrotz steigender Zahlen bei Wohnungslosen und Sozialhilfeempfängern, trotz zunehmender Probleme bei Kindern und Jugendlichen bleibt der städtische Sozialhaushalt, der in diesem Jahr 852 Millionen Euro umfassen soll, nicht von Einschnitten verschont: Bis 2006 muss Sozialreferent Friedrich Graffe (SPD) nach den Stadtratsvorgaben insgesamt 44 Millionen Euro einsparen.
Das dicke Paket, bestehend aus dem Haushaltsentwurf 2003 mit den Sparplänen bis 2006, das Graffe heute den Sozialausschüssen zur Beratung vorlegen wird, enthält viele Minuszeichen: Besonders die Freizeitstätten werden mit erheblich weniger Geld auskommen müssen: 3,5 Millionen Euro fallen weg. Das bedeutet den Abbau von 75 Vollzeitstellen in den 90 regionalen Freizeiteinrichtungen. Beim Abbau des Freizeit-Angebots um fast ein Drittel soll, neben anderen Kriterien, der unterschiedlich gute Versorgungsgrad in den Stadtvierteln berücksichtigt werden. Auch bei einer Reihe von Einzelfallhilfen wird weniger Geld ausgegeben. Ambulante Hilfen für schwierige Kinder und Jugendliche sollen teure Heimaufenthalte ersparen. Wie erstmals im vergangenen Jahr erhalten Sozialhilfeempfänger nun bis 2006 jeweils nur die Hälfte der maximal möglichen jährlichen Regelsatz-Erhöhung.
Trotz vieler weiterer Schnitte – Frauenprojekte sind ebensowenig ausgenommen wie Lebensberatung und das Seniorenprogramm der Volkshochschule – betont Graffe, „das Kürzungsprogramm bewirkt keine Zerstörung des sozialen Sicherungsnetzes in München“. In Schwerpunkten wie Kindertagesbetreuung, Wohnen und Arbeit werde sogar ausgebaut. Für Kinderbetreuung seien im Mehrjahresinvestitionsprogramm 47 Millionen Euro für 1000 neue Plätze weiterhin verankert. Sieben neue Krippen mit 258 Plätzen sollen noch in diesem Jahr in Betrieb gehen. Der Sozialreferent räumt aber ein, dass im Haushaltsentwurf für 2003 bisher kein Geld für neue Eltern-Kind-Initiativen vorgesehen ist: „Ich hoffe, dass der Stadtrat meinem Wunsch folgt, auch hier weitere Plätze zu ermöglichen.“ Denn schon letztes Jahr kamen nicht mehr alle neuen Initiativen zum Zug. Ferner sollen 125 Wohnungen entstehen, die das Sozialreferat an Wohnungslose vergeben kann. Ein wichtiges Ziel bildet die Auflösung der Ämterstruktur und die Regionalisierung des Sozialreferats in 13 Sozialbürgerhäusern. In allen sollen Jobcenter entstehen, um die Vermittlung von Arbeitslosen zu verbessern.
Der Personaletat des Referats muss in diesem Jahr um zwei Prozent (2,6 Millionen Euro) sinken. Entlassungen gibt es keine, weil bei 3800 Mitarbeitern ständig Stellen frei und dann nicht mehr wiederbesetzt werden. Rund 70 Stellen müssen auf diese Weise dauerhaft eingespart werden, etwa 20 weitere werden wohl noch geopfert, um Teile der Lohnerhöhungen zu kompensieren. Graffe selbst geht dabei mit gutem Vorbild voran: „Ich habe bei mir im Büro 1,5 Stellen gestrichen.“
Der Stellenabbau im Referat steht im Widerspruch zur starken Arbeitsbelastung, die sich durch die bundesweite Einführung der Grundsicherung verschärft hat. „Wir bekommen dafür nicht das Personal, das wir bräuchten“, klagt Graffe. Wenn die Zahl der Sozialhilfefälle in diesem Jahr wegen der zunehmenden Arbeitslosigkeit um sechs Prozent steige, wären für die Bearbeitung 20 neue Stellen erforderlich. Fehlt Personal, steigen – mangels Zeit für genauere Antragsprüfungen – die Sozialhilfeausgaben.